Nachforschungen zum Eisendorfer Landler

von Sissy Banner, Amstetten 2014

Eisendorf ist eine kleine Rotte in der Gemeinde Pabneukirchen, gelegen an der Grenze zu St. Georgen am Walde im südöstlichen Mühlviertel. Ich habe den Eisendorfer Landler beim Landlerseminar 2004 in Schloss Weinberg kennen gelernt und festgestellt, dass er eindeutig zum Typus der Strudengauer Landler gehört und er deshalb gut in das BAG  Heft Nr. 7 („ Landler – Strudengau und Umland von Amstetten“, erschienen 2003 im Eigenverlag der BAG) gepasst hätte. Tanzleiter Hans Röbl hat ihn vorgestellt und ich habe von Weinberg auch Beschreibung und Noten mitgebracht. Da ich ja das Heft Nr.7 zusammen mit Volker Derschmidt herausgebracht hatte, hat es mir keine Ruhe gelassen, über die Herkunft des Landlers näheres zu erfahren.

Später habe ich dann Hans Röbl nach dem Ursprung dieses Landlers gefragt. Er erzählte mir, dass er mit Robert Koch, Tanzleiter aus Linz, am 18.10.2003 in Rechberg ein Volkstanztreffen besucht hatte und dass dort der Eisendorfer Landler von der VTG St. Georgen am Walde vorgeführt wurde. Robert Koch hat diese Vorführung gefilmt und wahrscheinlich hat Röbl die Beschreibung und Noten von dem St. Georgner Tanzleiter Andreas Leitner bekommen.

                                                               Ab 2011 habe ich Folgendes eruiert:

Herr Leitner sagte mir am Telefon, dass Herr Dir. Gert Grohmann die Gruppe St. Georgen gegründet hätte und dieser den Eisendorfer Landler aufgeschrieben habe. Herr Dir. Grohmann bestätigte mir diesen Sachverhalt, erzählte jedoch, dass ihm der Landler von der Lehrerin Hermine Kloibhofer vorgetanzt wurde. Sie war 1986 von Pabneukirchen nach St. Georgen zugezogen. Frau Kloibhofer wiederum erzählte mir, dass sie den Tanz in der VTG Pabneukirchen gelernt hatte, wo sie bis 1984 getanzt hatte. Weiters wusste sie, dass Florian Schedlmayr, Tanzleiter beim LFW Ybbs-Petzenkirchen, die Gruppe gegründet und sie den Tanz gelehrt hatte. Daraufhin kontaktierte ich Herrn Schedlmayr, der mir erzählte, dass er 1978 diesen Landler von den Eltern eines seiner Volkstänzer gezeigt bekommen hat. Er hat ihn dann der VTG Pabneukirchen beigebracht, der Spieler Johann Kern konnte ihn auswendig spielen. Dieser Volkstänzer war niemand anderer als der spätere Ehemann von oben genannter Hermine Kloibhofer. Seine Eltern heißen Kloibhofer Alois, Jg. 1927, und Pauline, Jg. 1930, wohnhaft in Untereisendorf Nr.1 im Hof „Franzn z’Eisendorf“, 4363 Pabneukirchen.

Im Jahr 1986 übersiedelte Hermine Kloibhofer mit ihrem Mann nach St. Georgen am Walde und übermittelte den Landler der dortigen Volkstanzgruppe. Der Gründer und damalige Leiter der VTG St. Georgen, Dir. Gert Grohmann, hat eine Beschreibung verfasst und die Melodie transkribiert. Vorgespielt hat diese wiederum der Spieler Johann Kern aus Pabneukirchen. Gert Grohmann, heute Volksschuldirektor i.R., sandte mir per mail zwei Fassungen, die unwesentlich voneinander divergieren. Die VTG St.Georgen tanzt die 2.Variante heute noch; diese wurde in Weinberg vorgestellt. Die Variante 1 folgt dem Strudengauer Typus: Einleitung – Stampfen – Paschen – Landlerdrahn – Kadenz …

Bei einem Besuch bei Frau Pauline Kloibhofer (Schwiegermutter von Frau Hermine K.) erfuhr ich: Frau Pauline Kloibhofer, geb. Schmutz, stammt aus St. Nikola. Herr Alois Kloibhofer sen. ist leider 1987 verstorben. Sie erzählte, dass sie den Landler von ihrer Mutter gelernt hatte und meinte sie könne sich noch gut an diesen Landler erinnern. Sie konnte ihn jedoch nicht beschreiben oder vortanzen. Sie konnte sich nicht erinnern, ob ihr Mann den Landler bereits tanzen konnte vor ihrer Eheschließung oder ob er ihn von ihr gelernt hatte. Jedenfalls wurde er bei den beliebten Dreschertänzen gerne getanzt. Aber nicht nur in Pabneukirchen, sondern auch in St. Nikola, wo sie als Schwester der als gute Tänzer bekannten Schmutzbuam aufwuchs. Sie zeigte uns eine Kassette, die sie von ihrem Neffen Klaus Leonhartsberger, Jg.1953, bekommen hatte. Herr L. spielte in der Musikkapelle St. Nikola und war viele Jahre auch deren Kapellmeister. Diese Kapelle spielt den Landler angeblich auch heute noch, nur heißt er dort einfach „Landler“. Ein Besuch bei diesem Neffen brachte keine neuen Erkenntnisse. An die Melodie konnte er sich noch erinnern, aber nicht, wie der Tanz getanzt wurde. Herr L. nannte uns noch den Schwager von Frau Kloibhofer names Hans Kloibhofer, Jg. 1934, wohnhaft in Grein an der Donau in der Brucknerstraße, der eventuell noch etwas wissen könnte.

Bei der vom OÖ Volksliedwerk organisierten einwöchigen „Feldforschung Strudengau“ im Oktober 1994 wurde zwar davon berichtet, dass es einen Eisendorfer Landler gegeben habe, aber es kam zu keiner Aufzeichnung. Allerdings wurde eine Melodie aufgezeichnet, bei welcher die auswendig spielenden Franz und Herta Obermayr aus Pabneukirchen als Gewährsleute genannt sind. Volker Derschmidt hat diese dann transkribiert. Sie ist allerdings nicht ident mit der von Dir. Grohmann aufgeschriebenen Melodie. Die aus St. Nikola stammende Kassette ist ähnlich, enthält aber auch Melodieteile des Neustadtler Landlers. Hierzu wäre vielleicht noch berichtenswert, dass Klaus Leonhartsberger aus St. Nikola erzählte, dass vor dem Bau der Greiner Donaubrücke ein regelmäßiger kultureller Austausch mit Neustadtl (am anderen Donauufer in NÖ gelegen) stattfand, und zwar per Zillen!

Für den Eisendorfer Landler kann als gesichert angenommen werden:

Gewährsleute:   Alois Kloibhofer sen. und seine Frau Pauline, geborene Schmutz Jg. 1930, aus Eisendorf

Tanzbeschreibung:   Herr Dir. Gert Grohmann, St. Georgen am Walde, 1986

                                        2 Versionen mündlich überliefert durch die Schwiegertochter der Gewährsleute

Melodie:       1) Johann Kern aus Pabneukirchen. Transkription: Dir. Gert Grohmann, St. Georgen am Walde

                      2) Franz und Herta Obermayr aus Pabneukirchen, Transkription: Volker Derschmidt

                      3) Kassette aus St. Nikola im Besitz von Frau Kloibhofer, noch nicht transkribiert, Kopie bei Banner

Chronologie:

1978          vorgetanzt und mündlich überliefert an Florian Schedlmayer, TL der VTG Petzenkirchen und von diesem mündlich weitergegeben an die VTG Pabneulkirchen, deren Gründer und Leiter er damals war;

1986          mündlich weitergegeben von Frau VL Hermine Kloibhofer an die VTG St. Georgen am Walde

1986          aufgezeichnet von Dir. Gerd Grohmann, heute VS Direktor i.R., und Transkription der Melodie

1994          Feldforschung Strudengau (siehe OÖ Volksliedwerk - Protokoll S. 141): Transkription einer anderen Melodie

2003          Videoaufzeichnung einer Vorführung der VTG St. Georgen durch Robert Koch in Rechberg

2004          unterrichtet von Hans Röbl beim Landlerseminar in Schloss Weinberg (Version Nr. 2)

2011/12     Nachforschungen von Sissy Banner: Der Ursprung der Aufzeichnung ist geklärt, die Herkunft des Landlers konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden



Anmerkung:

Herr Dir. Grohmann sandte mir 2012 per mail zwei Versionen seiner Aufzeichnung und die Noten im Violinschlüssel. Die Version Nr. 1. wird von unserem Tanzkreis getanzt; diese folgt dem Strudengauer Typus in klassischer Weise (Einleitung – Stampfen – Paschen – Landlerdrahn – Kadenz). Die Version Nr. 2 wird von der VTG St. Georgen getanzt; diese wurde in Weinberg vorgestellt. Die beiden Versionen unterscheiden sich nur geringfügig von einander. Zur Zeit der Aufzeichnung, ebenso wie bei der VTG St. Georgen, wurde zum Umgang nicht gesungen, was aber im Mühlviertel mehrmals überliefert ist. Auch ein Schlusswalzer ist nicht überliefert. Am Mostviertler Volkstanzfest in Amstetten wird der Eisendorfer Landler von der Linzer Tanzlmusi mit mehreren Wiederholungen (mind. 6!) gespielt und die 1. Version getanzt. Es hat sich bewährt, den Musikanten die Freiheit zu lassen, bei den Wiederholungen auch andere Melodien des Strudengaus zu verwenden.

Kontakt:   sissy@s-banner.at